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Warum es sich lohnt, ein informierter Patient zu sein

Kolumne von Nele Handwerker

Eine Investition fürs Leben
Die Diagnose Multiple Sklerose (MS) ist nach aktuellem Stand der Forschung eine Erkrankung, die bis ans Lebensende bestehen bleibt, da sie (noch) nicht heilbar ist. So viel zur schlechten Nachricht. Das bedeutet aber auch, dass es sich lohnt, mehr darüber zu erfahren. Denn Information bedeutet Macht. Du kannst aus der passiven Situation heraustreten und als informierter Patient aktiv Entscheidungen für dein bestmögliches Leben treffen. 


Anhaltende Forschungserfolge und wie du davon erfährst
Hochmotivierte Wissenschaftler und Ärzte tragen zu einer stetig besser werdenden Behandlung der MS bei. Neue Technologien, weltweiter Austausch und Kooperationen setzen dieses Momentum fort. 
Wenn du zu den Personen gehörst, die davon profitieren wollen, dann informiere dich. Die erste Anlaufstelle ist ein auf MS spezialisierter Neurologe. Er oder sie erfahren frühzeitig von Neuerungen. Du kannst auch weiter zu deinem Neurologen vor Ort gehen und bei wichtigen Therapieentscheidungen zu einem MS-Experten.


Die zwei Komponenten der Krankheitsaktivität
MS ist anfangs meist durch eine starke Entzündungsaktivität gekennzeichnet. Spezielle Immunzellen greifen das Myelin um deine Nervenfasern an und zerstören es teilweise oder vollständig. Die Signalweiterleitung wird verlangsamt oder unterbrochen. Je nachdem, wo das passiert, treten Symptome auf. Allerdings sind nur circa zehn Prozent spürbar, den Rest sieht man nur im MRT. Diese Läsionen verursachen zunächst keine Probleme, mindern aber deine Fähigkeit auftretende Einschränkungen zu kompensieren.
Die zweite Komponente der Erkrankung nennt sich Neurodegeneration. Damit ist der Untergang von Nervenzellen gemeint, der zu Behinderungen führt. Dieser Prozess läuft von Anfang an parallel ab. Zu Beginn steht er jedoch im Schatten der entzündlichen Komponente, außer bei progredienten Verläufen. Je länger du erkrankt bist, desto weniger neue Schübe und Läsionen bekommst du. Dadurch tritt die Neurodegeneration in den Vordergrund. 


Behalte die MS im Blick
Um optimal zu behandeln, musst du den Ist-Stand und die Veränderung kennen. Darum ist es wichtig, einmal im Quartal zum Neurologen zu gehen, um die MS im Verlauf zu beurteilen. Nur so können schleichende Verschlechterungen rechtzeitig erfasst werden. Denn diese zu verhindern strebt man an. Genauso wie Schübe und neue Läsionen verhindert werden sollen.
Um das zu messen, müssen Untersuchungen regelmäßig und standardisiert durchgeführt werden. Deshalb sind vierteljährliche Kontrollen beim Neurologen und jährliche MRTs sinnvoll. Darüber hinaus kannst du nach Bedarf deine Symptome tracken und Deine Fähigkeiten mit wöchentlichen Tests überprüfen. Am besten dein Gehen, deine Feinmotorik und deine Kognition, wie in den gängigen Apps vorgesehen. Das hilft dir und deinem Neurologen die MS besser im Blick zu behalten.

 

Gemeinsam Therapie-Entscheidungen treffen
Das Motto des diesjährigen Welt-MS-Tags lautet „GeMeinSam“. Besonders wichtig finde ich dabei die geMeinSame Entscheidungsfindung mit dem Neurologen über deine MS-Therapie. Wenn du die Krankheit in den wesentlichen Zügen verstanden hast und weißt, wie aktiv sie bei dir selbst ist, dann kannst du gemeinsam mit deiner Neurologin fundierte Therapieentscheidungen treffen.  
Mein Neurologe hat es mir einst so erklärt. Du bist der Spieler auf dem Feld und der Neurologe dein Trainer. Während er aktuelles Wissen und Erfahrung mitbringt sowie aufgrund von Untersuchungsergebnissen den Gesamtüberblick hat, bleibst du die Person, die über die Umsetzung entscheidet. Er kann dir Tipps geben, welche Strategie / Therapie am besten zu dir als Individuum passt oder wann eine Anpassung Sinn macht, weil sich Rahmenbedingungen geändert haben.


Positive Einflussnahme durch einen gesunden Lebensstil
Die Ursachen der MS und verstärkenden Faktoren der Krankheitsaktivität werden immer besser verstanden. So ist bereits bekannt, dass Menschen mit MS bestimmte Veränderungen in den Genen aufweisen. In Summe tragen die Gene knapp 20 Prozent zum Erkrankungsrisiko bei. Das heißt im Umkehrschluss, dass die restlichen 80 Prozent mehr oder weniger beeinflussbar sind.

 

Sonne und Vitamin D
Das Sonne und Vitamin D bei MS wichtig sind, weißt du vermutlich schon. Das beginnt bereits bei der Sonneneinstrahlung, die du indirekt im Mutterleib erhalten hast. Auch die Kindheit bis zur Pubertät bleibt entscheidend. Es lohnt sich, die eigenen Kinder ausreichend dem Tageslicht auszusetzen, das quasi präventiv gegen MS. 
Lass deinen Vitamin-D-Spiegel bestimmen. Dann kannst du dein Depot auffüllen, wenn nötig. In jedem Fall sind tägliche Aktivitäten im Freien bei Tageslicht gut für deinen Körper, auch in der dunklen Jahreshälfte.


Ausgewogene und reichhaltige Ernährung
Hier liegt die mediterrane Kost vorn. Mit Gemüse und Obst, am besten noch saisonal, regional und biologisch angebaut. Hülsenfrüchte, Nüsse und Saaten und fermentierte Produkte erweitern das Angebot. Dazu weißes Fleisch und Fisch in Maßen plus ungesättigte Fettsäuren und dein Körper kann aus dem Vollen schöpfen. Die MS Zwillingsstudie und Studien des Unispital Basel haben gezeigt, dass es keiner speziellen Diät bedarf.
Lieber ausgewogen, statt eingeschränkt und kleine Sünden ab und an. So bleibt die Darmflora im Gleichgewicht. Natürlich individuell auf dich angepasst. Die Grundlagen sind simpel, wenig Zucker, wenig Salz, ausreichend Ballaststoffe, wenig gesättigte Fette, möglichst wenig bis gar nicht verarbeitete Lebensmittel.
Normalerweise brauchst du keine Nahrungsergänzungsmittel bei diesem Ansatz. Denn (fast) alles kannst du durch deine Ernährung leckerer und bekömmlicher auf den Tisch bekommen. Spezielle Diäten sind nicht nötig, auch wenn es oft anders propagiert wird. Meist kommen diese Hinweise von Menschen, die auf die eine oder andere Art davon profitieren, sei es durch den Verkauf der Produkte oder / und der Beratung.


Geistige und körperliche Bewegung
Treibe Sport und trainier dein Gehirn. Körperliche Betätigung stärkt die Muskeln, minimiert Spastiken und reduziert Entzündungsaktivität. Die Dänen haben dazu viele Studien durchgeführt. Zu jeder Reha gehört Sport dazu. Selbst passive Bewegung ist gut. So lindern Glückshormone Schmerzen.
Auch kognitives Training ist wichtig. Es hält deinen Geist fit. Neue Verknüpfungen entstehen im Gehirn. Am besten sind Kombinationen aus beidem, wie Tanzen oder Klettern. So trainierst du Muskelkraft und Koordination gleichzeitig.


Hüte dich vor Suchtmitteln
Wusstest du, dass Raucher im Durchschnitt acht Jahre eher in den progredienten Verlauf übertreten und schneller schwerwiegende Einschränkungen erleben? Meiner Meinung nach ein schlagkräftiges Argument, um mit dem Rauchen aufzuhören und das zu jedem Zeitpunkt im Leben mit MS. Denn du wirst immer davon profitieren. Doch auch hier gilt, der informierte Patient ist im Vorteil. Denn für eine Rauchentwöhnung solltest du dir alle zur Verfügung stehenden Hilfen holen und deinen Hausarzt unbedingt mit einbeziehen sowie deinen engen Kreis an vertrauten Menschen, damit dein Vorhaben gelingt. Und wenn es beim ersten Mal nicht klappt, dann versuche aus dem Scheitern zu lernen und probiere es immer wieder, bis du Erfolg hast. Dein Wissen wird auch hier stetig zunehmen und du herausfinden, was dir hilft und was nicht.
Auch andere Suchtmittel wirken neurotoxisch. Allen voran der Alkohol. Nicht umsonst, zeigen betrunkene Menschen MS-typische Symptome. Weniger ist also mehr. Und illegale Substanzen solltest du besser ganz meiden. Wenn es wie beim Cannabis einzelne Aspekte gibt, die hilfreich sein können, dann werden sie in therapeutischer Form aufbereitet, um Spastiken zu mildern, und das, ohne Körper und Geist zusätzlich zu schädigen.


Gefährliches Halbwissen
Zum Abschluss noch ein Hinweis. Hüte dich bitte vor Halbwissen. Immer wenn jemand eine Heilung oder den Stillstand der Krankheit für jede und jeden garantiert, solltest du skeptisch werden. Multiple Sklerose wird schließlich nicht ohne Grund die Krankheit der 1.000 Gesichter genannt. Denn die zugrunde liegenden Ursachen sind komplex und damit kann es nicht ein Mittelchen, eine Ernährungs- oder Lebensweise geben, die bei allen hilft.


Seriöse Quellen
Seriöse Quellen basieren auf evidenzbasierten Studien. Das Kompetenznetzwerk für Multiple Sklerose (KKNMS) ist eine solche Quelle. Patientenorganisationen, wie die DMSG, aber auch internationale Vereine eigenen sich dafür.
Ich selbst studiere seit Herbst 2022 Multiple Sklerose Management nebenberuflich als Masterstudiengang, um den Wissenstransfer zu den Betroffenen zu gewährleisten. Denn nicht jede Studie ist einfach zu verstehen.
 

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Wer schreibt hier?

Nele Handwerker. Sie setzt sich als Patientenadvokatin für ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben mit Multipler Sklerose ein. Dafür stehen gut informierte Patient*innen für sie an erster Stelle. Deshalb veröffentlicht sie seit März 2020 den wöchentlich erscheinenden Podcast „MS-Perspektive“ indem sie Ärzt*innen und Patient*innen interviewt sowie eigene Beiträge recherchiert und ihre persönlichen Erfahrungen teilt. Nele Handwerker studiert nebenberuflich seit August 2022 Multiple Sklerose Management (M.Sc.), um noch mehr eigene Expertise aufzubauen. Sie ist internationale Marketingspezialistin und Autorin und erhielt 2004 selbst die Diagnose Multiple Sklerose.


Mehr über Nele Handwerker:

  • Webseite mit Blog und Newsletter
  • Podcast: "MS-Perspektive - der Multiple Sklerose Podcast", zu finden auf allen üblichen Podcast-Kanälen.
  • Buch: Multiple Sklerose? Keine Angst! Ein 15-jähriger Erfahrungsbericht (als Taschenbuch und E-Book überall im Handel bestellbar)


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