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Über Mut im Leben mit MS

Kolumne von Nora Hamann

Mutig zu sein bedeutet, trotz Angst, Unsicherheit oder möglicher negativer Konsequenzen den Mut aufzubringen, eine Handlung zu vollbringen oder eine Situation anzugehen. Mutige Menschen überwinden ihre Ängste und treten Herausforderungen entschlossen entgegen, auch wenn sie sich unwohl fühlen oder das Risiko besteht, dass etwas schiefgehen könnte.

 

Mut mit einer chronischen Krankheit

Mutig zu sein mit einer chronischen Krankheit bedeutet, trotz der täglichen Herausforderungen, Unsicherheiten und Einschränkungen, die die Krankheit mit sich bringt, ein erfülltes Leben zu führen. Chronische Krankheiten können physische, emotionale und soziale Auswirkungen haben, und es erfordert Mut, sich diesen Herausforderungen zu stellen und Wege zu finden, um damit umzugehen.

 

Raus aus der Komfortzone

Im Laufe unseres Lebens müssen wir uns ständig neuen Herausforderungen stellen. Ob es darum geht, eine neue Fähigkeit zu erlernen, eine Veränderung anzunehmen oder mutige Entscheidungen zu treffen, Lernen und Mut gehen Hand in Hand. Mutig zu sein bedeutet nicht nur, Ängste zu überwinden, sondern auch, die Bereitschaft zu haben, aus unseren Komfortzonen auszubrechen und uns neuen Erfahrungen zu öffnen. Es geht darum, sich selbst zu erlauben zu scheitern, denn darin liegt oft unser größtes Potenzial für Wachstum. 

 

Über Stärke und Mut mit MS 

Als MS-Patientin weiß ich nur zu gut, wie es ist, mit den täglichen Herausforderungen einer chronischen Erkrankung umzugehen. Doch trotz der Unsicherheit und der manchmal überwältigenden Schwierigkeiten habe ich gelernt, dass Mut eine entscheidende Eigenschaft ist, um das Leben in vollen Zügen zu genießen und Hindernisse zu überwinden.

Das Lernen mutig zu sein ist wie eine Reise, bei der wir uns kontinuierlich weiterentwickeln und entdecken, wer wir wirklich sind. Es erfordert den Mut, sich den eigenen Unsicherheiten und Ängsten zu stellen und sich von ihnen nicht lähmen zu lassen. Es bedeutet, sich selbst zu erlauben, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen, anstatt sich von ihnen entmutigen zu lassen.

 

Mut ist ein fortlaufender Prozess

Es fällt mir schwer, vor neuen Menschen authentisch zu sein. Ich versuche meine Symptome zu unterdrücken, um nicht beäugt zu werden. Ich habe mich sozial zurückgezogen, weil ich den unangenehmen Gesprächen aus dem Weg gehen wollte. Ich habe jedoch gelernt mutig zu sein und muss mir immer wieder sagen: Es ist nicht meine Aufgabe, es anderen ‚leichter‘ zu machen, mit meiner Krankheit umzugehen. Ich habe mir mein Leben und meine Einschränkungen nicht ausgesucht und es gibt mich einfach nur zusammen mit der MS.

Zu lernen mutig zu sein ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess. Es erfordert ständige Reflexion und die Bereitschaft, aus unseren Erfahrungen zu lernen. Mutig zu sein bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern sie anzunehmen und dennoch voranzuschreiten. Es bedeutet, dass wir unsere Ängste nicht als Hindernisse betrachten, sondern als Möglichkeiten, zu wachsen und unsere Grenzen zu erweitern.

 

Wann war ich mutig?

Ich erinnere mich an eine Zeit, in der ich während meiner Vollzeitstelle im Krankenhaus im Jahr 2020 meinen Traum in Angriff genommen und ein Fernstudium in Psychologie begonnen habe. Trotz meiner MS-Diagnose und den täglichen Herausforderungen habe ich den Mut gefunden, meinen Interessen und Leidenschaften nachzugehen. Schon das Recherchieren verschiedener Möglichkeiten hat mich unglaublich viel Überwindung gekostet, aber ich war fest entschlossen und bin jetzt froh, dass ich die Möglichkeit hatte, mir ein neues berufliches Standbein aufzubauen.

 

Ein weiteres Beispiel für meinen Mut war die Gründung meines Instagram-Kanals im Jahr 2021. Ich habe angefangen, offen und authentisch über mein Leben mit MS zu berichten. Obwohl es mir anfangs schwerfiel, meine Verletzlichkeit zu zeigen und meine Ängste vor der Reaktion anderer zu überwinden, habe ich den Mut aufgebracht, mich zu öffnen. Durch diese Erfahrung habe ich wundervolle Menschen kennengelernt, tolle Dinge erlebt und viele neue Möglichkeiten haben sich mir eröffnet. Dieser Schritt hat einen großen Einfluss auf meine Akzeptanz der Krankheit gehabt und hat mir gezeigt, dass ich nicht allein bin.

 

Ein weiteres besonderes Ereignis, bei dem ich meinen Mut bewiesen habe, war 2015, als ich trotz meiner panischen Angst vor offenem Gewässer im Great Barrier Reef in Australien tauchen gegangen bin. Obwohl ich mich unsicher fühlte und große Ängste hatte, habe ich mich entschieden, diese Erfahrung nicht aus Angst zu verpassen. Das Tauchen in der wunderschönen Unterwasserwelt des Great Barrier Reefs war eine unvergessliche Erfahrung, die mir gezeigt hat, dass Mut belohnt wird.

 

Diese Beispiele zeigen, dass Mut uns ermöglicht, über uns selbst hinauszuwachsen und neue Horizonte zu entdecken. Mutig zu sein bedeutet, die Herausforderungen anzunehmen, die das Leben uns stellt, unsere Komfortzone zu verlassen, Resilienz zu entwickeln und nach Unterstützung zu suchen.
 

Auf der Reise, auf der ich mich selbst auch immer noch befinde, sind mir vier Dinge besonders aufgefallen, die zum Lernen mutig zu sein dazugehören:

  1. Herausforderungen annehmen: Der erste Schritt, um mutig zu sein, besteht darin, die Herausforderungen anzunehmen, die uns das Leben stellt. Als MS-Patientin stehen mir täglich Hindernisse gegenüber, sei es die Bewältigung von körperlichen Einschränkungen, die Anpassung an neue Symptome oder die Unvorhersehbarkeit der Krankheit. Anstatt mich von diesen Schwierigkeiten entmutigen zu lassen, habe ich gelernt, sie als Chancen zur persönlichen Entwicklung zu betrachten. Mutig zu sein bedeutet nicht, dass man keine Angst hat, sondern dass man trotz der Angst handelt und die Herausforderungen annimmt, um zu wachsen. 

  2. Die Komfortzone verlassen: Mut erfordert oft, dass wir unsere Komfortzone verlassen und uns in unbekanntes Terrain wagen. Als MS-Patientin habe ich mich oft in Situationen befunden, in denen ich mich unsicher fühlte oder Angst vor der Reaktion anderer Menschen hatte. Doch ich erkannte, dass mein persönliches Wachstum und mein Wohlbefinden außerhalb meiner Komfortzone lagen. Indem ich meine Ängste überwand und mich neuen Erfahrungen öffnete, konnte ich mein Selbstvertrauen stärken und meine Grenzen erweitern. (Telefonieren ist und bleibt für immer gruselig – und das ist auch in Ordnung)

  3. Resilienz entwickeln: Resilienz ist ein zentraler Aspekt des Mutig Seins. Ich bin immer wieder mit Rückschlägen konfrontiert. Aber anstatt mich von ihnen entmutigen zu lassen, habe ich gelernt, mich immer wieder aufzurappeln und weiterzumachen. Resilienz bedeutet, sich von Misserfolgen nicht entmutigen zu lassen und aus ihnen zu lernen. Sie ermöglicht es uns, Hindernisse zu überwinden und gestärkt daraus hervorzugehen. Mut und innere Stärke ermöglichen es mir, meine Zukunft mit einer entschlossenen Einstellung anzugehen.

  4. Unterstützung suchen: Mut allein ist manchmal nicht ausreichend, um mit den Herausforderungen einer chronischen Erkrankung wie der Multiplen Sklerose umzugehen. Es ist wichtig, Unterstützung im eigenen Umfeld zu suchen. Familie, Freunde, Selbsthilfegruppen sowie die Online-MS-Community können uns dabei helfen, unsere Ängste zu überwinden und uns dabei unterstützen, unsere Ziele zu erreichen. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann uns das Gefühl geben, nicht allein zu sein, und uns ermutigen, unseren Mut weiter zu stärken.

 

Das Lernen mutig zu sein als Multiple Sklerose-Patientin hat mein Leben bereichert und mir geholfen, meine Krankheit nicht als Hindernis, sondern als Chance zur persönlichen Entwicklung zu sehen. Indem ich die Herausforderungen annahm, meine Komfortzone verließ, Resilienz entwickelte und nach Unterstützung suchte, konnte ich meine Ängste
überwinden und ein erfülltes Leben führen. 

 

Mutig zu sein bedeutet nicht, dass wir keine Schwäche oder Unsicherheit empfinden, sondern, dass wir uns trotzdem dazu entschließen voranzugehen. Letztlich bedeutet Mut mit einer chronischen Krankheit, jeden Tag bewusst zu leben, die Herausforderungen anzunehmen und nach Wegen zu suchen, um ein erfülltes Leben zu führen, trotz der Krankheit. Wenn wir uns mit Mut den Herausforderungen stellen, können wir als MS-Patienten unsere Grenzen überwinden und ein inspirierendes Leben zu führen.

 

Also, wagen wir es, mutig zu sein! Lassen wir uns von unseren Träumen leiten und haben wir den Mut, unsere Ängste zu überwinden. Jeder Schritt, den wir in Richtung des Erlernens von Mut machen, bringt uns näher zu unserer eigenen Entfaltung und eröffnet uns neue Horizonte.

 

Lasst uns gemeinsam diese Reise antreten und den Mut finden, die besten Versionen unserer selbst zu sein. If you can’t beat fear, do it scared.

 

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Wer schreibt hier?

Nora Hamann wurde 2018 mit Multipler Sklerose diagnostiziert. Sie teilt ihren Alltag mit dieser Krankheit auf Instagram. Parallel dazu studiert sie Psychologie im Fernstudium. Als Beraterin für Firmen zeigt sie ihnen die Einschränkungen von MS-Patienten auf und informiert über die Bedeutung von Inklusion. Ihr Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedürfnisse von Menschen mit MS zu schärfen und integrative Arbeitsumgebungen zu fördern. Durch Aufklärung und Sensibilisierung möchte sie Barrieren abbauen und das Verständnis für MS verbessern.


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